LED - Technik mit Schattenseiten von Jens Esser
Im Dunkeln ist gut summen – vorausgesetzt es bleibt dunkel
Anfang der 1980er Jahre, im Alter von zehn Jahren, als ich mich intensiver mit Insekten zu beschäftigen begann, hätte ich mich über kleine und leichte, überall einsetzbare Lichtquellen zum Anlocken von Insekten gefreut. Die damals verfügbaren Geräte waren groß und teuer, betrieben wurden sie mit schweren Bleiakkus oder Stromaggregaten. Nichts, was ich im Rucksack auf dem Fahrrad zum Ort des Geschehens gefahren hätte.
Noch heute spielt der Lichtfang für mich eine Rolle bei der wissenschaftlichen Erfassung von Insekten. Das Profi-Equipment ist um ein Vielfaches praktischer geworden und kann problemlos im Rucksack und mit dem Fahrrad transportiert werden, u. a. wegen kleinteiliger und energieeffizienter LED-Technik.
Deko-Licht bitte nicht dauerhaft brennen lassen.
Nacht nicht mehr dunkel?
Doch diese technische Entwicklung hat auch ihre Schattenseiten: Es wird immer heller in den nächtlichen Gärten! Die LEDs mit ihrem niedrigen Verbrauch ermöglichen akkubetriebene Beleuchtung an allen nur erdenklichen Stellen, auch abseits vom Stromnetz. Und weil die Beleuchtung so schön energieeffizient ist, werden immer lichtstärkere LEDs verbaut.
Verheerende Folgen
Für die Insekten in unseren Gärten hat das verheerende Folgen: Die Lichtmischung der hellen LEDs ist für sie teils so attraktiv, dass sie in ihrem natürlichen Verhalten erheblich gestört werden. So laufen oder fliegen sie häufig zu den Lichtquellen und verweilen dort bis zum Morgen, weil sie sich nicht ohne weiteres davon losreißen können. Für das übliche Fortpflanzungs- und Ernährungsgeschäft fehlt dann die Zeit.
Nächtliche Beleuchtung zerstört Gärten als Refugium für die heimische Tierwelt.
Außerdem laufen die Tiere an den Lampen viel eher Gefahr, von ihren Feinden erwischt zu werden. So verweilen beispielsweise Kröten oder Fledermäuse regelmäßig an Lampen, um sich am praktisch beleuchteten Büfett zu bedienen. Etliche Lampen sind so konzipiert, dass sie zu einer Falle werden, aus dem Insekten nicht mehr entweichen können.
Wir Menschen haben im Laufe der Geschichte in unseren Städten die Nacht zum Tag gemacht. An Straßenbeleuchtungen und Schaufenstern sammeln sich Insekten und werden von ihren arterhaltenden Aktivitäten abgehalten, ebenso werden andere Tiere wie Vögel, Säugetiere und Amphibien irritiert – trotz möglicher bequemer Nahrungsquellen.
Sparsam mit Licht sein
Kleingärten sollten zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Refugium für die heimische Tierwelt sein – und viele sind es auch. Eine nächtliche Beleuchtung führt aber leider zum Gegenteil und bringt Arten wieder in Bedrängnis. Darum sollten Sie auf Ihren Parzellen nicht die Nacht zum Tag machen. Seien Sie sparsam mit dem Licht! Wenn man Gästen nach einem abendlichen Beisammensein den Weg aus dem Garten leuchten möchte, spricht sicher nichts gegen Lampen am Weg, die aber nicht dauerhaft brennen sollten. Und verwenden Sie bitte eher schwache Lichter und keine weißen oder weißblauen Farbmischungen. Ich selbst stelle in meinem Garten einzelne Kerzen zur Beleuchtung auf, die durch ihr warmes Licht ohnehin angenehmer sind. Dabei stürzen sich gelegentlich mal Insekten ins heiße Wachs – aber die Natur als Ganzes kann es verschmerzen.
Jens Esser
Insektenkundler und 1. Vorsitzender der Entomologischen Gesellschaft Orion Berlin gegr. 1890 e. V.
Der Textbeitrag ist als Editorial der August-Ausgabe 2020 der Verbandszeitschrift „Berliner Gartenfreund“ erschienen und mit freundlicher Genehmigung des Autoren auch hier.
Fotos hier: Pixabay