Von Brigitte Schulz
Mehr Frauen in die Vorstände!
In einer Großstadt wie Berlin, wo Kleingärten rar und über alle Schichten hinweg besonders begehrt sind, offenbart sich in den Vereinen geradezu repräsentativ der gesellschaftliche Querschnitt. Ob Alt oder Jung, ob Schlosser oder Professorin, Ur-Berlinerin oder Zugezogener – so bunt wie unsere Stadt ist auch das Völkchen der Kleingärtnerinnen und Kleingärtner.
Aber bildet sich diese Vielfalt im Verbandsleben auch ab? Zu Recht wird kritisiert, dass beispielsweise Gartenfreunde mit Migrationsgeschichte nur selten in den Vorständen die Geschicke ihrer Vereine mitbestimmen. Aber es gibt auch eine weitere, viel größere Gruppe, die in allen Verbandsebenen noch immer deutlich unterrepräsentiert ist. Und das sind wir Frauen.
Gesellschaftliche Realität nicht abgebildet
Zwar hat sich insbesondere in den Vereinen in dieser Hinsicht viel getan. Immer mehr Vorstände sind auch weiblich besetzt, und inzwischen werden auch mehrere Bezirksverbände von Frauen geführt. Zuletzt übernahm meine Kollegin Ramona Schneider in Treptow das Amt, das bis dahin stets von einem Mann bekleidet worden war (lesen Sie dazu auch Gartenfreund, März 2023, Seite 30/31). Trotzdem sind wir noch weit davon entfernt, die gesellschafliche Realität abzubilden. Und die besteht nun mal darin, dass rund die Hälfe der Menschen, die in Berlin einen Kleingarten bewirtschaften, weiblich sind. In den Vorständen unserer Vereine spiegelt sich dies leider nicht wider.
Tatkraft für tragfähige Problemlösungen
Ich frage mich oft , warum nicht mehr Frauen als Vorsitzende oder Stellvertreterin, als Wertermittlerin oder Schatzmeisterin aktiv sind. An fehlender Tüchtigkeit oder Problemlösungskompetenz liegt es definitiv nicht. Diese Erfahrung habe ich in vielen Jahren an der Spitze unseres überwiegend weiblich besetzten Vorstands im Bezirksverband Wilmersdorf gemacht. Es ist wunderbar, mit Frauen zu arbeiten. Insbesondere ihre Fähigkeit, Probleme zu tragfähigen Lösungen zu führen und auch Kompromisse einzugehen, schätze ich sehr.
Auch in den Vereinen habe ich viele Kleingärtnerinnen kennengelernt, die mit Ausdauer, Empathie, Flexibilität, vielen Ideen und vor allem Tatkraft das Vereinsleben bereichern. Sie sind die nimmermüden Rädchen, die das Uhrwerk am Laufen halten. Aber ermuntern wir sie auch ausreichend, die zweite Reihe zu verlassen und zu zeigen, was in ihnen steckt? Senden wir ihnen Signale, dass wir an ihr Potenzial glauben? Vermitteln wir in genügendem Maß, dass ihre Arbeit wichtig ist und geschätzt wird? Vielleicht nehmen wir den Internationalen Frauentag am 8. März mal zum Anlass, diese Fragen zu stellen und über mehr Geschlechtergerechtigkeit in unseren Vereinen und Verbänden nachzudenken.
Nicht Quoten, sondern eine gesunde Mischung macht's
Persönlich halte ich nicht viel davon, eine paritätische Besetzung von Gremien über Quoten zu regeln. In meinen Augen sind vor allem die Vorstände erfolgreich, in denen eine gesunde Mischung von Charakteren und Temperamenten, von unterschiedlichen Neigungen und Talenten existiert, die einander ergänzen und in diesem Zusammenspiel gemeinsam die Aufgaben lösen. Ohne Frauen wird diese Mischung niemals ausgewogen sein. Schon darum gehören sie unbedingt in die Vorstände!
Brigitte Schulz, Vorsitzende des Bezirksverbands Berlin-Wilmersdorf
Dieser Artikel ist als Editorial der März-Ausgabe 2023 der Verbandszeitschrift Berliner Gartenfreund erschienen.
Foto: Verlag W. Wächter