Das Forum Stadtgärtnern legte in diesem Jahr den Schwerpunkt auf das Thema Gesundheit
Stadtpolitik zu Gast im Stadtgarten
Tillmann Heuser moderiert die "Fragen an die Polkitik".
Spricht man von Gesundheit, ist nicht immer nur der körperliche oder geistige Zustand einzelner Menschen gemeint. Nein, man kann den Begriff auch verwenden, wenn man den Zustand einer Gesellschaft oder den unserer städtischen Umwelt beschreiben will. Stadtgärten sind ein bedeutender Teil des Berliner Stadtgrüns. Wie gehen wir mit der Stadtgesundheit um? Wie geht die Stadtpolitik damit um? Was brauchen wir für eine gesunde Stadt? Darum ging es am 20. August 2021 beim Forum Stadtgärtnern, einem Netzwerk, das für den Erhalt von Klein- und Gemeinschaftsgärten sowie für Grünflächen in Berlin kämpft.
Arbeitsgruppen zwischen den Beeten
Wenige Wochen vor der Berlin-Wahl hatten die Akteure des Forums zur Veranstaltungsreihe „Zukunftfür die Gärten – Gärten für die Zukunft!“ geladen. Gekommen, um gemeinsam zum Themenschwerpunkt Gesundheit zu diskutieren, waren rund 60 Kleinund Gemeinschaftsgärtner, Akteure des BUND und weitere Stadtgrün-Aktivisten. Die Veranstaltung war zu Gast beim Gemeinschaftsgarten „Allmende-Kontor“ auf dem Tempelhofer Feld.
Zu Beginn der Veranstaltung gab es den Vortrag „Urbane Resilienz durch Gärten“ von Elise Dally von der Charité Berlin. Zwischen den Hochbeeten des Gemeinschaftsgartens fand man sich anschließend zu drei Workshops zusammen. Aus jeder Gruppe wurden Forderungen formuliert, die im Anschluss auf dem Podium diskutiert wurden. Der Podiumseinladung waren gefolgt: Dr. Turgut Altug (Bündnis 90/Die Grünen), Marcus Otto (Die Linke), Daniel Buchholz (SPD), Danny Freymark (CDU) und Stefan Förster (FDP). Moderiert wurde die Diskussion von Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin.
Bezirke brauchen mehr Personal und Mittel
In der Arbeitsgruppe Stadtgärten und Ökologie wurde überlegt, wie man der Flächenkonkurrenz und dem Druck auf die bisherigen Grünflächen in der Stadt begegnen kann. Diskutiert wurde, wie mehr Grünflächen geschaffen werden können. Beispielsweise indem man Flächen umwidmet und großflächige Parkplätze für Gärten oder Grünflächen entsiegelt. Und wer pflegt diese Flächen? Eine konkrete Forderung des Forums: besser ausgestattete Bezirke mit mehr Personal und Ressourcen, um eine ausreichende ökologische Pflege zu planen und durchzuführen.
Gärten als soziale Orte wurden in der Arbeitsgruppe Stadtgärten und Gemeinschaft diskutiert. Im Ergebnis wurde die dauerhafte Sicherung aller Stadtgärten Berlins gefordert. Angesprochen wurde, dass Bebauungspläne zur Sicherung aller Stadtgärten aufgestellt werden sollen. Auch hielt man die Sicherung von Stadtgrün als Teil der Standortsicherung für Berlin für wichtig – sie sollte von der Politik höher priorisiert werden. Beide Themen wurden als Fragen an die Politiker gerichtet, die alle fünf Podiumsteilnehmer bejahten. Bei der Frage nach der Priorisierung und der dauerhaften Sicherung von Gärten griffen die Politiker auf ihre bekannten Berliner Parteiprogramme zurück. Die Bedeutung von Klein- und Ge meinschaftsgärten als Stadtgrün für Mensch und Umwelt wurde von allen Politikern gewürdigt. Marcus Otto forderte allerdings auch einen „Mentalitätswechsel“. „De facto am Ende steht immer alles gegen die Natur“, so der Linken-Politiker. Klimawandel, Umweltzerstörung und Artensterben seien als Problem bei vielen Politikern im Handeln noch nicht wirklich „angekommen“. „Man kann nicht immer nur davon reden, man will mehr Stadtgrün – und dann wird doch ein Haus darauf gebaut“, so Marcus Otto.
Potenzial von allen Stadtgärten ausschöpfen
In der Arbeitsgruppe Stadtgärten und Gesundheit wurde die menschliche Gesundheit in den Vordergrund gestellt. Es wurde diskutiert, wie man eine gesundheitsrelevante „Umweltgerechtigkeit“ für die Bevölkerung herstellen könnte. Zum einen durch Verringerung von Umweltbelastungen wie Lärm und Luftschadstoffe, aber auch durch Zugang zu gesundheitsrelevanten Umweltressourcen wie Grünflächen. Die Forderungen der Arbeitsgruppe: Umweltgerechtigkeit im vollem, auch wissenschaftlichen, Umfang für alle Menschen in Berlin herstellen. Und das Potenzial von allen Stadtgärten für die Gesundheit ausschöpfen und sogar mehr Gärten schaffen.
Die Frage, ob sie die aktuellen Erkenntnisse von positiven Wirkungen von Stadtgrün auf die Gesundheit kennen, bejahten alle Politiker auf dem Podium. Auf die nachfolgende Frage, ob sie meinen, dass Berlin genug Gärten hat, um diese Wirkung zu entfalten, meinten nur die Vertreter von den Grünen und den Linken: Nein, es gebe dafür nicht genug Stadtgärten.
Die abschließende Frage des Forums formulierte Tilmann Heuser: Was übergeben wir den zukünftigen Generationen und wie schaffen wir es, eine grüne Stadt zu sichern und Klima- und Ressourcenschutz so voranzutreiben, dass wir in Berlin nachhaltig wirtschaften und leben können?
Wie könnte es im Vorfeld der Berlin-Wahl 2021 anders sein: Auch hier antworteten die Politiker mit Programmen und Projekten ihrer Parteien. Einig waren sie sich darin, dass Freiflächen und Grünflächen in Berlin zu erhalten seien, mehr Mittel und Personal für Grünflächen zur Verfügung gestellt werden müssen und die Umweltgerechtigkeit erhöht werden sollte.
Stadtgärtner behalten Stadtpolitik im Blick
Man kann gespannt sein, was davon in der neuen Legislaturperiode tatsächlich begonnen, weitergeführt oder umgesetzt wird. Das Forum Stadtgärtnern behält dazu die Stadtpolitik weiterhin im Visier, und die erarbeiteten Forderungen und zusammengetragenen Meinungen bleiben auch nach der Wahl aktuell. Es war eine produktive Veranstaltung, das Netzwerk hat sich weiter gefestigt und auch vergrößert. Und das Motto des Forums bleibt aktueller als je zuvor: Berlin braucht mehr Gärten!
Mehr zum Forum Stadtgärtnern unter www.forum-stadtgaertnern.org
Dr. Marion Kwart
Landesverband Berlin der Gartenfreunde, Öffentlichkeitsarbeit
Dieser Textbeitrag ist in der Oktober-Ausgabe 2021 der Verbandszeitschrift 'Berliner Gartenfreund', Seite 10/10 bis 10/11. erschienen und mit freundlicher Genehmigung des Verlag W. Wächter auch hier online.
Foto: Dr. Marion Kwart, Grafik: Bea Bittner