Verfasst am 01.12.2021 um 14:00 Uhr

Was fliegt denn da?    

Stiftung Naturschutz ermittelt über 80 Wildbienenarten in Berliner Kleingärten    

Mit Fangerlaubnis: Dr. Christoph Härtel bei der Wildbienenerfassung in der KGA Heiniersdorf. Foto: Alexandra Immerz

Sie kamen mit Keschern und Gläschen an sonnigen Tagen, um in Kleingärten an der reichen Blütenpracht Wildbienen zu suchen, zu fangen und schließlich zu bestimmen. Die Rede ist von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die seit Juni 2020 im Auftrag der Stiftung Naturschutz Berlin in sieben Berliner Kleingartenanlagen unterwegs waren.


Bisher war nämlich kaum etwas darüber bekannt, welche Arten der besonders geschützten Wildbienen in Kleingartenanlagen Unterschlupf finden. Nun öffneten die Gartenfreunde in den Anlagen Biesenhorst II und Am E-Werk (Lichtenberg), Am Stadtpark I (Wilmersdorf), Freies Land und Heinersdorf (Weißensee), Wildkraut (Steglitz) und Zur Linde (Treptow) der Stiftung Naturschutz ihre Tore für eine Erhebung.


Ergebnisse machen Mut

Inzwischen liegen die ersten Ergebnisse vor. Insgesamt wurden bisher über 80 verschiedene Arten in den Kleingärten nachgewiesen. Das ist fast ein Drittel der in Berlin vorkommenden Arten und ein erfreuliches Ergebnis. Elf gefundene Arten (13 %) stehen auf der Roten Liste Berlins, sind also gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht.


Dieser Anteil liegt unter dem Schnitt für Berlin (40 % der Arten sind hier gefährdet), zeigt aber, dass auch Kleingärten wichtig für seltene Arten sein können – und noch wichtiger sein könnten. Seltene Arten haben oft spezielle Ansprüche: Sie brauchen bestimmte Pflanzen für die Ernährung ihres Nachwuchses oder bestimmte Strukturen für ihre Nester. Unterstützen Sie die Wildbienen weiterhin! Ein vielfältiges Blütenangebot übers Jahr hinweg ist dabei genauso wichtig wie offene Bodenstellen, Baumstümpfe und abgestorbene, dickere Pflanzenstängel. Letztere sollten mindestens ein Jahr im Garten stehen bleiben. Auch dort bauen viele seltenere Arten ihre Nester hinein.


Es geht weiter

Sicherlich wurden im ersten Jahr der Begehungen nicht alle Arten gefunden, die in den Gärten tatsächlich umhersummen. Gerade wenn es sich um seltene Arten handelt, ist viel Erfahrung, aber auch einiges an Glück nötig, um sie zu finden. Deshalb waren auch 2021 die Bienensucher wieder unterwegs – die Ergebnisse stehen noch aus. Auch im nächsten Jahr sind weitere Untersuchungen geplant.


Wir bedanken uns herzlich bei den teilnehmenden Vereinen und engagierten Gartenfachberaterinnen und -beratern, die dieses Projekt ermöglichen. Der größte Dank gilt aber unseren ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern, die sich in ihrer Freizeit mit den Wildbienen in Berliner Kleingartenanlagen beschäftigen!


Felix Riedel, Stiftung Naturschutz Berlin


Fundstücke aus Kleingartenanlagen

Vierbindige Furchenbiene

Foto (Ausschnitt): Aufgenommen in der KGA Am Stadtpark I von Kartierer Thorleif Dörfel.


Die Vierbindige Furchenbiene (Halictus quadricinctus) ist in Berlin stark gefährdet. Sie wurde nur in zwei Gärten nachgewiesen. Sie ist nicht auf bestimmte Pflanzen spezialisiert, weist aber eine Besonderheit in ihrer Lebensweise auf: Im Gegensatz zu den allermeisten anderen Wildbienen lernen die Mutterbienen ihren Nachwuchs kurz kennen. Denn dieser schlüpft noch im gleichen Jahr, verpaart sich und die Töchter überwintern als ausgewachsene Bienen. Sie graben ihre Nester in Steilwände oder vegetationsarme, offene Flächen.

Wegwarten-Hosenbiene

Foto (Ausschnitt): Aufgenommen in der KGA Am E-Werk von Kartierer Ronald Kruwinus.


Die Wegwarten-Hosenbiene (Dasypoda hirtipes) ist in Berlin häufig und fast unverwechselbar. Sie fliegt von Juni/Juli bis Ende September. Die Weibchen sammeln mit ihren auffällig behaarten Hinterbeinen („Hosen“) Pollen, allerdings nur von Pflanzen aus der Familie der Korbblütler, wie zum Beispiel der Wegwarte. Der Pollen wird als Proviant für den Nachwuchs in Nistgänge gelegt. Die Nistgänge gräbt die Biene bis zu 60 cm tief in offene, sandige Bodenstellen.


Der Beitrag ist in der Dezember-Ausgabe 2021 der Verbandszeitschrift „Berliner Gartenfreund“, Seite 12/9, erschienen und mit freundlicher Genehmigung der Stiftung Naturschutz Berlin auch hier online.