Verfasst am 04.05.2020 um 16:12 Uhr

Weder Transparenz noch Perspektive   

Warum wir den Kleingartenentwicklungsplan 2030 so nicht akzeptieren können.

Der Berliner Senat hat am 21. April den neuen Entwurf des Kleingartenentwicklungsplans 2030 (KEP) vorgelegt und dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme zugeleitet. 


Löblich? Aber nur eigentlich

Es ist eigentlich löblich, dass der Senat endlich seiner eigenen Koalitionsvereinbarung zum Schutz der Berliner Kleingärten nachkommen will - mehr als sechs Jahre, nachdem das Abgeordnetenhauses auf Initiative der CDU den dauerhaften Schutz der Berliner Kleingärten beschlossen hat (Drucksache 17/1448 vom 11. Februar 2014) und nachdem die Fraktion DieLinke zuvor schon einen Antrag „Kleingärten langfristig sichern statt gefährden“ gestellt hatte (Drucksache 17/0911 vom 21. März 2013).


Kein „umfassender“ Beteiligungsprozess
Doch was bleibt nun in der aktuellen Vorlage von all den wichtigen Initiativen und Vorstößen der letzten Jahre? 

In seiner Pressemitteilung vom 21. April 2020 behauptet der Senat, dass der KEP 2030 in einem umfassenden Beteiligungsprozess im Austausch mit Kleingartenverbänden, Interessenträgern, Politik, Behörden und der Fachöffentlichkeit erarbeitet worden sei. Davon kann keine Rede sein: Seit Ende 2018 kamen insgesamt nur drei Treffen mit Vertretern des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde und den Bezirksverbänden der Berliner Kleingärtner zustande. Dazu eine „Beteiligungswerkstatt“, die aber eher der Transparenz diente als der Diskussion zur Berücksichtigung von Meinungen oder Forderungen. Eine finale „Abstimmungsrunde“ wurde kurzfristig abgesagt und kein Alternativterminangeboten.


Unter einer „umfassenden“ Beteiligung verstehen wir etwas anderes. Im Landesverband fehlt auch jedes Verständnis dafür, dass aus diesen Sitzungen resultierende Veränderungen sowie Zusagen zu weiteren Prüfungen, aus denen weitere Veränderungen hätten entstehen können, nicht erfolgt sind.

Mehr Gärten betroffen als mit uns abgesprochen
Bei den wenigen Treffen, die stattfanden, wurde der Eindruck vermittelt, dass die Inanspruchnahmen von Kleingartenflächen und Parzellen sich auf die Debattierten beschränkt. Mit Entsetzen hat der Landesverband nun aber durch die Veröffentlichung des aktuellen Kleingartenentwicklungsplanes zur Kenntnis genommen, dass über die bereits
bekannten Flächen für Soziale Infrastruktur Konzepte (SIKo)hinaus verschiedene Kleingartenanlagen und Parzellen durchweitere gravierende Infrastrukturmaßnahmen betroffen sein werden. Das sind Maßnahmen aus dem Haus der für uns zuständigen Senatsverwaltung, die ja auch für Straßenbau und für öffentliche Verkehrsmittel zuständig ist. Warum wurde mit uns darüber nicht geredet?

Wir haben uns schweren Herzens im Interesse des Gemeinwohls bereit erklärt, den Verlust
von Flächen für SIKo-Maßnahmen zu akzeptieren, wenn es nach nochmaliger Diskussion keine andere Lösung gibt. Das heißt, dass wir z. B. einem notwendigen Schul- oder Kita-Bau zustimmen, wenn es keine andere Lösung gibt und nur, wenn konkret die Fläche in Anspruch genommen wird, die man für den Bau tatsächlich benötigt.

Neue Entscheidungen zulasten der Kleingärten
Der aktuell vorgelegte Kleingartenentwicklungsplan 2030 kann von uns in dieser Darstellung in einer Reihe von Punkten nicht akzeptiert werden. Denn eine Reihe von Entscheidungen gehen aus Sicht des Landesverbandes erneut zulasten der Kleingartenflächen, und dies, ohne den Interessenvertretern die Möglichkeit zu einer entsprechenden Stellungnahme einzuräumen – der geplante Termin wurde ja ersatzlos vom Senat gestrichen.

Aber das ist noch nicht alles

Im KEP 2030 gibt es nun eine Kategorie 7. Sie beinhaltet Kleingärten, die „umgewidmet“ und damit aus dem Kleingartenwesen herausgenommen werden. Für sie fällt damit jede Sicherungsfunktion weg. Auch die Ausgestaltung dieser Kategorie wurde mit uns so nicht abgesprochen.


Die politisch Verantwortlichen betonen immer wieder, wie wichtig die Berliner Kleingärten für das Wohl in unserer Stadt sind. Ob zur Verbesserung des Stadtklimas, zum Erhalt des Artenreichtums oder zum Aufrechterhalten der vielen sozialen und gesundheitlichen Beiträge. Die Stadt wirbt in all ihren Broschüren mit dem Attribut der grünsten Hauptstadt in Europa.

Leere Versprechungen für die grüne Metropole
Mit diesem Kleingartenentwicklungsplan macht die Stadt ihrem grünen Image keine Ehre: Eine komplette Sicherung der bestehenden Parzellen und Kleingartenanlagen erreichen wir damit nicht – geschweige denn eine Perspektive für die wachsende Einwohnerschaft. Die Nachfrage nach Kleingärten steigt massiv an, doch der Senat hat zur Bereitstellung der zusätzlich benötigten Gärten nichts weiter anzubieten als Parzellenteilungen auf bestehenden Gartenflächen. Eine gravierende Reduzierung der Parzellengröße ist nur auf dem Reißbrett von Planern schnell umzusetzen. Als alleinigen Weg zur Schaffung von Ersatzflächen und zusätzlichen Gärten lehnen wir sie ab.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Kleingärten für die Berliner Bevölkerung sind: Als Social-Distance-Rückzug für Kleingärtner und für abstandsuchende Anwohner und Spaziergänger auf den Wegen und Plätzen in Kleingartenanlagen. Die Zahl der Bewerbungen für Kleingärten schnellt gerade in dieser Zeit noch weiter in die Höhe. Kleingärten haben in rund  Jahren unsere Stadt positiv geprägt. Sie sind ein fester Bestandteil der DNS Berlins geworden. Doch dieses Kernstück unserer grünen Metropole ist gefährdet.


Wir haben seit den 1950er Jahren bereits den Verlust von rund 50 Prozent unserer Flächen zu beklagen. Damit muss endlich Schluss sein.


Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V.


Mehr Information:

Die vollständige Stellungnahme des Landesverbandes vom 27. April 2020 finden Sie auf
unseren Presseseiten unter dem Titel „Der Kleingartenentwicklungsplan – Ein Versuch Wort zu halten


Zum Kleingartenentwicklungsplan 2030 des Berliner Senats


Zur Pressemitteilung des Berliner Senats vom 21.04.2020.


Abbildung: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Ausschnitt Deckblatt)