Verfasst am 11.07.2022 um 10:01 Uhr

Wohin mit dem Abwasser?    

Gartenpools dürfen in Berlin nicht einfach in den Boden entleert werden    

Kleingärtnerinnen und Kleingärtner, die einen Pool auf ihrer Parzelle aufstellen, müssen sich eine Vielzahl von Fragen stellen: Darf ich überhaupt ein Badebecken errichten? Wenn ja, wie groß darf es sein? Brauche ich eine Genehmigung? Muss der Pool außerhalb der Gartensaison abgebaut werden? Wieviel Wasser will ich verbrauchen? Was muss ich tun, um das Poolwasser über Wochen und Monate sauber zu halten? Welche Gefahren birgt der Einsatz von Chemie?


Manche dieser Fragen sind durch einen Blick in die Unterpachtverträge zu beantworten, die in Berlin je nach Bezirksverband, Verein und Abschlussdatum sehr unterschiedlich ausfallen können. Zu den anderen Themen hat der „Gartenfreund“ in den vergangenen drei Ausgaben bereits ausführliche Informationen geliefert – aus rechtlicher wie aus ökologischer Sicht.


„Poolwasser ist Abwasser“

Doch am Ende der Garten- wie Badesaison steht für alle Poolbesitzer eine Frage, die besonders schwer zu beantworten ist: Wohin mit dem Wasser, wenn das Becken entleert werden soll? Wie kann der Poolinhalt rechtlich korrekt und ökologisch unbedenklich entsorgt werden? Bei einem Pool im Kleingartenformat geht es hier immerhin um bis zu 9000 Liter oftmals chemisch behandelten Wassers. Zum Vergleich: Eine Badewannenfüllung beläuft sich auf 150 Liter, ein klassisches Kinderplanschbecken fasst in der Regel 300 bis 400 Liter.


Die vermeintlich leichteste Lösung des Problems scheidet aus Sicht der zuständigen Behörden aus: Einfach den „Stöpsel“ zu ziehen, das Poolwasser in den Garten zu pumpen und dort versickern zu lassen, ist in Berlin nicht zulässig. Die Wasserbehörde, bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz angesiedelt, hat dazu eine sehr eindeutige Position: „Poolwasser gilt als Abwasser“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Eine Versickerung ist nicht erlaubt, da eine Verunreinigung des Grundwassers nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.“


Diese Feststellung bezieht sich vor allem auf Wasser mit chemischen Zusätzen, das also mit Chlor oder anderen Desinfektionsmitteln versetzt worden ist. Ausdrücklich schließt die Berliner Wasserbehörde auch gechlortes Wasser „mit einer gewissen Standzeit“ ein. Denn vielfach wird von den Anbietern der Reinigungsmittel, aber auch in Medienberichten pauschal behauptet: Nach einer Standzeit von rund 48 Stunden sinke der Aktivchlorgehalt im chemisch behandeltem Wasser so weit ab, dass es zum Versickern oder Bewässern genutzt werden kann. „Liegt der Chlorgehalt unter 0,05 mg/l und es sind keine anderen chemischen Stoffe enthalten, kann das Wasser auch durch ‚breitflächige Verrieselung‘ im eigenen Garten entsorgt werden“, schreibt etwa der „Focus“. Und weiter: „Wenn der Chlorgehalt den Grenzwert von 0,3 mg/l nicht überschreitet, kann das Wasser auch zum Gießen verwendet werden.“ Beides aber trifft in Berlin nicht zu.

Keine deutschlandweiten Regeln
Worauf die Autoren solcher Tipps hinzuweisen vergessen: Es gibt keine deutschlandweit allgemeingültigen Regeln für den Umgang mit Poolwasser. Überall gelten zwar die entsprechenden Paragrafen des Wasserhaushaltsgesetzes (siehe unten), doch in der Praxis werden sie höchst unterschiedlich ausgelegt – je nach örtlichen Gegebenheiten, Bodenbeschaffenheit, Grundwassernutzung, Klärkapazitäten und politischen Vorgaben. „In den Bundesländern wird die Entsorgung von Pool -wasser mit Desinfektionsmitteln sehr unterschiedlich gehandhabt“, stellt Dr. Sabrina Kraus vom Umweltbundesamt fest. „Das Versickern und Gartengießen mit Poolwasser mit Desinfektionsmitteln ist in vielen Gemeinden und Landkreisen untersagt.“

So gelten in Berlin, aber auch in anderen Großstädten wie Hamburg oder Bremen klare Verbote, anderswo raten die zuständigen Behörden lediglich vom Versickern ab, während es in Mittelsachsen oder anderen ländlichen Gegenden gestattet ist.


Gefahr für Boden und Grundwasser
Wasser wird in vielen Gegenden Deutschlands mittlerweile als wertvolle und zunehmend knappe Ressource angesehen. Das gestiegene Bewusstsein für Gewässer- und Grundwasserschutz hat dazu geführt, dass auch beim Abwasser sehr viel genauer hingesehen wird. So wurden beispielsweise in Hessen die Regeln für Poolwasser 2019 landesweit verschärft – ein Versickern oder Ablassen in Gewässer ist nun im gesamten Bundesland verboten.

Dass die Regeln strenger werden, hat seinen Grund: Chlor, Algizide, Kupfersulfat und andere Biozide, die das Poolwasser sauber halten sollen, sind beim Ablassen eine Gefahr für die Umwelt. Der NABU Berlin warnt vor „negativen Auswirkungen auf Bodenlebewesen und Wasserqualität“. Denn die Reinigungsmittel, so die Umweltorganisation, töten Pilze, Algen und Bakterien im Boden und damit die Nahrungsgrundlage für „höhere Bodenorganismen“ wie Asseln oder Regenwürmer, die wesentlich zur Fruchtbarkeit des Bodens beitragen. „Darüber hinaus werden viele Pflanzen von bodenlebenden Bakterien und Pilzen mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt“, so die NABU-Experten. Gerade im Garten stellt das behandelte Poolwasser also ein Risiko dar.


Wann ist Poolwasser unschädlich?
Selbst die Poolindustrie muss einräumen, dass das weit verbreitete „Stöpselziehen“ vielfach keine rechtmäßige Option für Gartenpools ist. „Es ist grundsätzlich dazu zu raten, das Poolwasser dem Abwasserkanal zuzuführen. Denn einfach versickern lassen ist – es sei denn, man beantragt eine Sondergenehmigung – meist nicht zulässig“, erklärt Ute Wanschura, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Schwimmbad & Wellness.

Die strengen Abwasserregeln in Berlin und anderen Städten beruhen auch auf einer gewissen Unsicherheit, welche Wirkung behandeltes Poolwasser tatsächlich auf Boden und Grundwasser hat, meint Frank Roeske. Der Spezialist für Wasseraufbereitung berät Kleingartenvereine in Sachen Poolhygiene. Er empfiehlt den Einsatz von Aktivkohlefiltern, mit denen umweltgefährdende Reaktionsstoffe des Chlors (AOX-Verbindungen) aus dem Wasser entfernt werden sollen – diese Methode sei auch in Schwimmbädern etabliert.

„Es liegt nicht in meinem Ermessen zu sagen, ob die Werte, die wir mit der Filtertechnik erzeugen, unbedenklich sind oder nicht“, betont er. Gleichwohl möchte er genauer wissen, ob durch dieses oder andere Verfahren Poolwasser tatsächlich unschädlich werden kann. „Warum sollte man diese 6 oder 9 Kubikmeter Wasser entsorgen, wenn man sie auch zum Gießen nehmen könnte?“, findet er. Roeske versucht in diesem Sinne, die Wasserbehörde und die Berliner Wasserbetriebe für eingehende Testreihen mit aufbereitetem Poolwasser zu gewinnen.


Entsorgung durch BWB ist Pflicht
Doch bislang ist das nicht gelungen. Deshalb gilt in Berlin vorerst weiter: Poolwasser, das mit Reinigungsmitteln behandelt wurde, darf in der Regel nicht einfach in den Garten abgelassen oder zum Wässern der Pflanzen genutzt werden – egal, was Hersteller, Werbung oder Medien sagen. „Ausschließlich in Einzelfällen darf eine Versickerung erfolgen, wenn die Wasserbehörde auf Grundlage einer Wasseruntersuchung über das Erfordernis einer wasserrechtlichen Erlaubnis entschieden und diese, falls erforderlich, erteilt hat“, betont die Sprecherin der zuständigen Senatsverwaltung. Anders ist es bei Planschbecken, wo das Wasser in der Regel nur wenige Tage steht und nicht mit Zusätzen sauber gehalten werden muss: Hier wird die Versickerung des Wassers geduldet, wie die Berliner Wasserbetriebe (BWB) mitteilen.

Dagegen muss Poolwasser „grundsätzlich immer entweder über die öffentliche Kanalisation oder durch einen bei den Berliner Wasserbetrieben zertifizierten Abwasserentsorger mit einem Fahrzeug“ entsorgt werden, lautet die klare Ansage der Senatsverwaltung. Da die wenigsten Berliner Kleingärten an die Kanalisation angeschlossen sind, bedeutet das: Pächter, die ihren gechlorten Poolinhalt am Ende der Saison legal entsorgen wollen, müssen dafür eine gesonderte Abfuhr beim Entsorgungsbetrieb buchen. Die Kosten und Umstände, die das verursacht, dürften die Freude über die sommerliche Abkühlung im eigenen Pool bei vielen Gartenfreunden erheblich trüben.


Klaus Pranger, Redakteur „Berliner Gartenfreund“, Verlag W. Wächter

Gesetze zum Abwasser
Grundlage für die Abwasserregelungen ist das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes. Dort heißt es in § 54: „Abwasser ist das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser“. Und in § 48: „Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist.“ Im Berliner Wassergesetz heißt es außerdem in § 68: „Wer Stoffe oder Stoffgruppen in ein Gewässer einleitet oder einbringt oder zum Zwecke der Beseitigung versickern oder verrieseln lässt, hat diese nach Anordnung der zuständigen Behörde auf seine Kosten physikalisch, chemisch, biologisch, in besonderen Fällen auch bakteriologisch untersuchen zu lassen.“


Dieser Textbeitrag ist im Regionalteil Berlin der Verbandszeitschrift „Gartenfreund“ erschienen, Ausgabe Juli 2022, Seite 24-25, und mit freundlicher Genehmigung des Verlag W. Wächter auch hier online.


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