Pressemitteilungen
Verfasst am 02.11.2023 um 10:31 Uhr

Nicht die Kleingartenverbände verhindern die Energiewende    

Bei (Solar-)Strom reden Bundeskleingartengesetz und Grundstückseigentümer mit   

Presseinformation    

Besonders nach der Veröffentlichung der 4. Änderung der Förderrichtlinie SolarPLUS erreichen den Landesverband und seine Mitgliedsverbände zahlreiche Anfragen, Hinweise und auch Beschwerden hinsichtlich der Installation und der Nutzung von Solaranlagen in Kleingärten im Land Berlin. Alle eingehenden Anfragen haben zum Inhalt, dass die Installation und Nutzung von Solaranlagen durch die Vereine und Verbände nicht gestattet oder verzögert würden. Es ist deshalb Zeit, öffentlich für eine Klarstellung zu sorgen.


Trotz ausführlicher Hinweise des Landesverbandes an die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe berücksichtigt deren Förderrichtlinie SolarPLUS die Regelungen des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) leider nur ungenügend. Sie kann durch „schwammige“ Formulierungen sogar indirekt als Aufforderung, gegen das Bundesgesetz zu verstoßen, von Pächter*innen von Kleingärten verstanden werden. Mit der Einbeziehung von Kleingärten in die Förderrichtlinie des Landes Berlin wurde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Eine klare gesetzliche Regelung zur Nutzung von Elektroenergie im Kleingarten wäre die Voraussetzung für die Aufnahme von Kleingärten in die Förderrichtlinie gewesen.


Was sagt das Bundeskleingartengesetz?

Gemäß dem BKleingG ist die Erschließung der Gartenlaube mit Elektrizität nicht gestattet. Hintergrund ist die (berechtigte) Sorge, dass sich mit diesen Ver- und Entsorgungsanlagen Kleingärten zu Siedlungsgebieten entwickeln könnten, was (auch stadtentwicklungspolitisch) keinesfalls begünstigt werden soll. Dies sieht auch der Landesverband der Gartenfreunde mit seinen Mitgliedsverbänden so, denn bei einer solchen möglichen Entwicklung wären die einmaligen und exklusiven Besonderheiten des BKleingG nicht mehr aufrecht zu erhalten:


  • weitgehender Kündigungsschutz,
  • niedriger Pachtzins,
  • Entschädigungsregelungen für gekündigte Kleingartenparzellen.


Außerdem ist gemäß BKleingG in Kleingärten lediglich eine Stromversorgung zulässig, die für das Betreiben kleingärtnerisch notwendiger Elektrogeräte notwendig ist, also Rasenmäher, Heckenscheren, Aufladestationen für Akkus, Betreibung von Wasserpumpen u. ä. – also sogenannter Arbeitsstrom.


Bestandsschutz und Eingriff auf das Bestehende

Allerdings genießen Kleingärten auch hinsichtlich der Ver- und Entsorgungsanlagen in der Gartenlaube einen Bestandsschutz, wenn die Anlagen rechtmäßig bereits bei Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes vorhanden waren. Dies ist bei einem Großteil der Kleingärten in Berlin der Fall.


Aber Achtung: Die (teilweise) Umstellung auf eine Versorgung mit Solarstrom – und eine Einspeisung in ein vorhandenes Laubenstromnetz kann als solche interpretiert werden – könnte eine Aufhebung des bestehenden Bestandsschutzes nach sich ziehen, weil ein Eingriff auf das Bestehende erfolgt. Und hierin besteht das Dilemma.


Genehmigungen der Grundstückseigentümer

Zwar hat der Berliner Senat bereits im Jahr 2009 mit Verwaltungsvorschriften für die landeseigenen Kleingartenflächen die Zustimmung ausgesprochen, dass Solarstrom in kleinem Umfang als „Insellösung“ genehmigungsfähig ist. In den meisten Zwischenpachtverträgen mit den kommunalen und vor allem den privaten Grundstückseigentümern gibt es dazu aber keinerlei Regelungen.


Selbst wenn jetzt durch eine Bundesratsinitiative Solarstrom bis 800 Watt für die kleingärtnerische Nutzung einer Parzelle im Sinne des BKleingG als unschädlich erklärt werden soll, was einer gesetzlichen Klarheit dienen kann, bleibt abzuwarten, wie sich die Bundesregierung und der Bundestag verhalten und wie vor allem die einflussreichen und großen Gruppen der privaten Grundstückeigentümer auf diese Änderung des Bundeskleingartengesetzes reagieren. Eine Verfassungsklage gegen diese Gesetzesänderung ist zumindest nicht auszuschließen.


Zu berücksichtigen ist im Kleingartenrecht, dass selbst gesetzliche Regelungen oder Verwaltungsvorschriften nicht unmittelbar Wirkung auf die bestehenden Zwischenpachtverträge und damit auf die Unterpachtverträge mit den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern haben.

Deshalb kann der Landesverband Berlin der Gartenfreunde derzeit vor dem Hintergrund der gesetzlichen und verwaltungsinternen Regelungen des Landes Berlin nur dazu raten, dass die Zwischenpächter (Bezirksverbände der Gartenfreunde) Genehmigungen für die Installation und Nutzung von Solaranlagen nur aussprechen, wenn dies in den bestehenden Zwischenpachtverträgen vom jeweiligen Grundstückseigentümer ausdrücklich gestattet wird. Die Bezirksverbände wurden gebeten, entsprechende Gespräche und Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern aufzunehmen.


Es liegt also nicht an den Kleingartenverbänden, ob und in welchem Umfang die Installation und Nutzung von Photovoltaik-Anlagen genehmigt werden können, sondern am Inhalt der privatrechtlichen Zwischenpachtverträge zwischen Bezirksverbänden und Grundstückseigentümern, die dies derzeit in den allermeisten Fällen nicht vorsehen.


Berlin, 2. November 2023


Der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e. V.

Der Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. ist die Dachorganisation des Berliner Kleingartenwesens. Er dient ausschließlich und unmittelbar kleingärtnerisch gemeinnützigen Zwecken, ist parteipolitisch und konfessionell ungebunden. Die besonderen Aufgaben und Ziele des Verbandes werden gegenwärtig und in naher Zukunft besonders durch die Flächenkonkurrenz in der sich verdichtenden Großstadt, den Klimawandel und durch die Ansprüche einer modernen Stadtgesellschaft bestimmt.


Pressekontakt:

Gert Schoppa, Präsident des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde e. V., Tel. 030-3009 32-13, Mail: info@gartenfreunde-berlin.de, www.gartenfreunde-berlin.de.