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Verfasst am 11.03.2025 um 14:25 Uhr

Photovoltaikanlagen in Berliner Kleingärten    

Stand vom 09.12.2024     

Nach § 1 Abs. 1 BKleingG ist der Kleingarten eine Grundstücksfläche, die kleingärtnerisch genutzt wird und in einer Kleingartenanlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, z.B. Wege, Spielflächen, Vereinshäusern u.a. zusammengefasst sind. Die kleingärtnerische Nutzung umfasst die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und die Erholungsnutzung.


Die Notwendigkeit der Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten als zwingende Voraussetzung der kleingärtnerischen Nutzung und damit der Kleingarteneigenschaft ergibt sich aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Beschränkungen, denen Eigentümer von Kleingartenland unterliegen. Baurechtlich werden deshalb Kleingartenanlagen als Grünflächen (§9 Abs.1 Nr. 15 BauGB) oder als Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB behandelt.


Dementsprechend dürfen nach § 3 Abs. 2 BKleingG Gartenlauben keine Ausstattungen und Einrichtungen haben, die auch nur zu einer regelmäßigen Wohnnutzung, etwa an den Wochenenden, einlädt (BVerwG DÖV 1984, 855). Aus diesem Grund stellt nicht nur die Errichtung einer zum Wohnen geeigneten Gartenlaube insgesamt eine Verletzung des Pachtvertrages dar, sondern schon jede einzelne Maßnahme, die zur Schaffung der Voraussetzungen für ein dauerhaftes Wohnen beiträgt, insbesondere der Anschluss der Laube an die Stromversorgung (OLG Hamm, Urt. V. 22.11.1984, Az 7 U 44/94). Ausgeschlossen sind in Lauben aber auch alle anderen Anlagen und Einrichtungen der Ver- und Entsorgung, die dem Wohnen dienen. Das gilt grundsätzlich auch für Photovoltaikanlagen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine andere Art der Stromgewinnung. Photovoltaikanlagen gehen aufgrund ihrer Beschaffungskosten auch über eine einfache Ausführung der Laube (§3 Abs. 2 S. 1 BKleingG) hinaus.


Zwar kann die Versorgung einer Gartenlaube im Einzelfall bestandsgeschützt sein (vgl. Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 20), doch schützt der Bestandsschutz nur den jeweiligen Bestand. Der Bestandsschutz verliert daher seine Wirksamkeit, wenn die geschützte Einrichtung nicht mehr vorhanden ist oder die geschützte Nutzung nicht nur vorübergehend, sondern endgültig aufgegeben wird (BVerwG BVerwGE 47, 185; BauR 2001, 1560). Das ist bei einer Umstellung der Versorgung einer Parzelle und der bisher bestandsgeschützt mit Strom versorgten Gartenlaube auf eine Photovoltaikanlage zu beachten. Je nach Umfang der erforderlichen (Um-) Baumaßnahme kann der Bestandsschutz entfallen, z.B. wenn wegen der Installation der Photovoltaikanlage die Leitungen in der Laube ausgetauscht werden.


Soweit Elektrizität als „Arbeitsstrom“ zum Betrieb von Gartengeräten genutzt wird, dient sie der kleingärtnerischen Nutzung und ist aus kleingartenrechtlicher Sicht zulässig. Dies gilt auch für den Strom aus Photovoltaikanlagen.


Dies vorausgeschickt vertritt der Landesverband Berlin der Gartenfreunde die nachfolgende Position seiner Mitgliedsverbände:

  1. Der Landesverband unterstützt die Berliner Kleingärtnerinnen und Kleingärtner in ihrem Bemühen, aus Umwelt- und Klimaschutzgründen den notwendigen „Arbeitsstrom“ zunehmend über Photovoltaikanlagen zu gewinnen, wenn in den bestehenden Zwischenpachtverträgen zwischen Grundstückseigentümern und Zwischenpächtern oder in bestehenden Bebauungsplänen über Dauerkleingärten dies nicht ausgeschlossen ist. Die Mitgliedsverbände des Landesverbandes sind gebeten, ggf. entsprechende Regelungen mit den Grundstückseigentümern herbeizuführen.
  2. Es ist unter Berücksichtigung der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen zu Kleingärten dabei zu gewährleisten, dass der so erzeugte Strom nicht ein Wohnen in der Gartenlaube begünstigt oder ermöglicht.
  3. Die Installation von Photovoltaikanlagen ist nach Genehmigung durch den Zwischenpächter durch einen Elektromeister oder durch eine Fachkraft mit vergleichbarer Qualifikation durchzuführen. Errichtete Anlagen sind nach den geltenden Vorschriften abzunehmen. Die Abnahme ist zu dokumentieren und gegenüber dem Zwischenpächter nachzuweisen.
  4. Eine Einspeisung des erzeugten Stroms in das vereinseigene Stromnetz ist nur möglich, wenn dieses Stromnetz durch Fachkräfte überprüft wurde und die Kabelquerschnitte sowie der Gesamtzustand des Netzes eine Einspeisung unter Berücksichtigung der möglichen Spitzen ermöglicht. Nach Einschätzung der Mitgliedsverbände ist davon auszugehen, dass die allermeisten vereinseigenen Stromnetze die erforderlichen Bedingungen unter Berücksichtigung der maximalen Anzahl von Photovoltaikanlagen derzeit nicht erfüllen. Außerdem ist nach unserem derzeitigen Kenntnisstand pro Stromkunde nur ein Stecker-Solargerät zulässig. Da in den allermeisten Berliner Kleingartenanlagen der Kleingartenverein Stromkunde ist wäre hier auch nur ein Stecker-Solargerät bzw. Balkonkraftwerk pro Verein zulässig. Aus vorgenannten Gründen spricht sich der Landesverband im Auftrag seiner Mitgliedsverbände dafür aus, derzeit nur netzunabhängige sogenannte „Insellösungen“ mit oder ohne Speicher zu gestatten. Diese Bedingungen erfüllen die handelsüblichen Stecker-Solargeräte bzw. Balkonkraftwerke nicht.
  5. Die Photovoltaikanlagen sind gegen Gefahren, die von ihnen ausgehen können, insbesondere Feuer, Explosion und Sturmschäden, zu versichern.


Stand vom 09.12.2024

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