Drohnen über dem Kleingarten
Vorsicht Abflug!
I. Einleitung
Immer öfter kann man beobachten, wie über Kleingartenanlagen sogenannte Drohnen, also unbemannte Fluggeräte aufsteigen. Häufig sind an den Drohnen Videokameras installiert, die in der Lage sind, Aufnahmen von der (Nachbar-)Parzelle oder den sich dort aufhaltenden Person anzufertigen. Manchmal sind es aber auch nur Kamera-Dummys, die an der Drohne installiert sind, aber nicht als solche erkannt werden können.
Dabei stellen sich folgende Fragen:
- Gestattet die derzeitige Vertragslage in den Unterpachtverträgen und die derzeitige Gesetzeslage das Fliegen mit einer Drohne über einer Kleingartenanlage (mit und ohne Kamera)?
- Besteht die Möglichkeit der Bezirksverbände, Drohnenflüge im Bereich von Kleingartenanlagen zu untersagen?
- Kann sich ein durch Drohnenflug gestörter Unterpächter gegen den Überflug zur Wehr setzten?
- Drohen gar strafrechtliche Konsequenzen, wenn mit einer Drohnenkamera auf einem Nachbargrundstück gefilmt wird?
- Wer haftet im Fall eines Drohnenabsturzes, der zu einer Verletzung der Gesundheit eines Kleingärtners oder zur Beschädigung von Sachen führt?
- Wie könnten Regelungen zum Drohnenflug in Kleingartenanlagen in zukünftigen Unterpachtverträgen aussehen?
Bei Beantwortung dieser Fragen wird die am 7. April 2017 in Kraft getretene sogenannte Drohnen-Verordnung und die seit dem 1. Oktober 2017 geltenden Regelungen zur Kennzeichnungspflicht von Drohnen mit einbezogen.
II. Gesetzliche und kleingärtnerische vertragliche Regelungen zum Drohnenflug
1. Vertragliche Regelungen
Derzeit bestehen keine vertraglichen Regelungen in den Zwischenpachtverträgen und den Unterpachtverträgen, die sich mit der Zulässigkeit von Drohnenflügen über Kleingartenanlagen beschäftigen, so dass auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen zurückgegriffen werden muss.
2. Gesetzliche Regelungen
Bei den vorhandenen gesetzlichen Regelungen ist zwischen Fällen der Erlaubnisfreiheit und Fällen von generellen Betriebsverboten zu differenzieren.
a) Fälle der Erlaubnisfreiheit
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass für den Betrieb von Drohnen unterhalb einer Gesamtmasse von 5 kg und einer Flughöhe von unter 100 Metern sowie in dem Fall, dass die Drohne nur über Elektroantrieb verfügt und nur am Tag und in Sichtweite betrieben ist, gesetzlich keine Erlaubnis für den Betrieb einer Drohne über dem Kleingarten erforderlich ist.
b) Fälle des generellen Betriebsverbotes
Gesetzlich generell verboten ist hingegen jegliche Behinderung oder Gefährdung von Personen auf Kleingartenanlagen durch eine Drohne. Ebenfalls generell verboten ist der Betrieb einer Drohne mit einem Gewicht von mehr als 0,25 kg über Wohngrundstücken. Das gleiche gilt bei Wohngrundstücken, wenn das Flugobjekt – unabhängig von seinem Gewicht – in der Lage ist, optische, akustische oder Funksignale zu empfangen, zu übertragen oder aufzuzeichnen.
3. Kennzeichnungspflicht und Kenntnisnachweis
Für Drohnen bis 0,25 kg gilt weder eine Kennzeichnungspflicht noch das Erfordernis eines Kenntnisnachweises. Auch eine Aufstiegserlaubnis ist nicht erforderlich. Erst ab einem Gewicht von mehr als 0,25 kg müssen Drohnen ab sofort gekennzeichnet sein, um im Schadensfall schnell den Halter der Drohne feststellen zu können. Die Kennzeichnung erfolgt mittels Plakette mit Namen und Adresse des Eigentümers. Plaketten, welche die erforderlichen Eigenschaften besitzen, sind in jedem Fachgeschäft für Beschriftungen erhältlich. Die Kennzeichnung kann neben dem Aufbringen von Plaketten z.B. auch durch einen Aluminium-Aufkleber mit Adressgravur erfolgen, die in Schreibwarengeschäften erhältlich sind. Die Plaketten können auch im Internet erworben werden. Wichtig ist, dass die Kennzeichnung dauerhaft und feuerfest beschriftet und fest mit dem Gerät verbunden ist.
III. Zulässigkeit von Drohnenflügen über dem Kleingarten mit installierter Videokamera oder Kameraattrappe
Der Überflug einer Nachparzelle in einer Kleingartenlage mit einer Kameradrohne ist unabhängig davon, ob sich die Kleingartenanlage in einem Wohngebiet befindet oder nicht gesetzeswidrig, wenn die auf der Drohne installierte Kamera Aufnahmen der Nachbarparzelle und des Parzellennachbarn fertigt. Denn durch die Aufnahmen werden die Persönlichkeitsrechte des Parzellennachbarn verletzt. Dies hängt damit zusammen, dass niemand dulden muss, dass ohne seine Zustimmung gezielt Bildaufnahmen gefertigt werden. Dasselbe gilt nach der Rechtsprechung, wenn auf der Drohne nur eine Kameraattrappe installiert ist, da sich der Unterpächter alleine durch das Vorhandensein einer Attrappe „beobachtet“ fühlen könnte.
IV. Zulässigkeit von Drohnenflügen über dem Kleingarten ohne installierte Videokamera
Das Fliegen über einer fremden Kleingartenparzelle mit einer Drohne ohne Videokamera ist nach derzeitiger Gesetzeslage grundsätzlich nicht verboten (s.o. unter II). Da sich auch in den aktuellen Zwischenpachtverträgen und Unterpachtverträgen keine Regelungen zum Umgang mit Drohnenüberflügen finden, ist eine zivilrechtliche Untersagung nur in Ausnahmefällen erfolgreich.
V. Strafrechtliche Sanktionen
Durch das Überfliegen des Nachbargrundstücks mittels einer Drohne, die Bildaufzeichnungen fertigt, kann der Straftatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen erfüllt sein, da jeder Kleingärtner das Recht hat, selbst darüber zu bestimmen, ob er aufgenommen wird oder nicht. Der Straftatbestand ist allerdings nur dann einschlägig, wenn zum einen die Bildaufnahme unbefugt, also ohne Erlaubnis des Berechtigten hergestellt wird und zum anderen die Aufnahme einen gegen Einblick besonders geschützten Raum abbildet und dadurch der höchstpersönliche Lebensbereich des Kleingärtners verletzt wird. Als gegen Einblick besonders geschützter Raum zählt auch ein Garten, sofern dieser durch eine – ggf. auch rechtswidrige – hohe undurchdringliche Hecke oder einen Zaun geschützt ist.
VI. Haftungsfragen
Grundsätzlich haftet der Betreiber einer Drohne für alle Personen- und Sachschäden, die bei einem Flug verursacht werden können. Zu beachten ist, dass die allermeisten Haftpflichtversicherungen derartige Schäden durch Drohnen vertraglich ausschließen, so dass Betreibern von Drohnen nur geraten werden kann, für diese Fälle vorsorglich eine spezielle Versicherung abzuschließen.
VII. Grundsätzliche Abwehrmöglichkeiten eines Drohnenüberflugs
Ob Abwehrmöglichkeiten gegen einen Drohnenflug über Kleingärten existieren, hängt von dem jeweiligen Einzelfall ab.
1. Fälle ohne Abwehrmöglichkeit
Eine Abwehrmöglichkeit des Drohnenfluges für den Kleingärtner und den zuständigen Bezirksverband besteht dann nicht, wenn sich der Kleingärtner an die oben skizzierten gesetzlichen Regelungen hält. Ist der Betrieb der Drohne also erlaubt, ist er zu dulden und hinzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine vertragliche Untersagungsregelung in den Unterpachtverträgen existiert.
2. Fälle der Abwehrmöglichkeit
a) Abwehrmöglichkeiten des Kleingärtners
Unzweifelhaft nicht gestattet ist es dem Kleingärtner, die sich über seiner Kleingartenparzelle befindliche Drohne mit Gewalt „vom Himmel zu holen“. Auch dürfte von der Anwendung von Störsendern abzuraten sein. Denn der beeinträchtigte Unterpächter muss zunächst zum mildesten Mittel greifen und zunächst den Steuerer der Drohnen ausfindig machen und ihn auffordern, den rechtswidrigen Überflug zu unterlassen. Es besteht zwar die theoretische Möglichkeit für den Kleingärtner, die Polizei zu rufen. Die Polizei ist aber nur dann zuständig, wenn es um Gefahrenabwehr bzw. die Begehung von Straftaten ginge. Für die Durchsetzung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist die Polizei regelmäßig unzuständig. Der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch müsste vor den ordentlichen Zivilgerichten geltend gemacht werden.
Eine weitere Möglichkeit des Unterpächters gegen den Drohnenflug vorzugehen, ist die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Kleingartenverein oder seinem Vertragspartner, dem jeweiligen Bezirksverband, um zu erreichen, dass dieser die Störung durch Herantreten an den störenden Unterpächter abstellt. Denn für den Vertragspartner des Unterpächters (also dem Bezirksverband) besteht eine Schutz- und Fürsorgepflicht gegenüber den gestörten Unterpächtern jedenfalls bei rechtswidrigen Verhalten eines anderen Unterpächters auf diesen einzuwirken, damit er den rechtswidrigen Überflug unterlässt. Straftaten liegen in der Regel nicht vor, es sei denn, es werden rechtswidrige Bildaufnahmen gefertigt.
b) Abwehrmöglichkeiten der Bezirksverbände
In diesem Zusammenhang stellt sich die interessante Frage, ob der Bezirksverband als Vertragspartner des störenden Unterpächters diesen auch ohne ausdrückliche vertragliche Verbotsregelung zu dem Drohnenflug über einer Nachbarparzelle dazu auffordern kann, den Drohnenflug zu unterlassen, wenn das Steigenlassen der Drohne gesetzlich verboten ist. Dies dürfte nach derzeitiger Vertragslage nur dann möglich sein, wenn der störende Unterpächter nachweisbar gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt und z.B. das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nachbarn verletzt oder mit dem Drohnensteigen eine Straftat begeht. In diesem Fall ist der Bezirksverband alleine aus seiner Schutz- und Fürsorgeverpflichtung gehalten, gegen den störenden Unterpächter einzuschreiten, um die Rechtsverletzung zu beenden und den Frieden in der Kleingartenkolonie zu wahren. Ein Vorgehen gegen den störenden Unterpächter kann sich dann auch aus Gründen der Verhinderung einer negativen Vorbildwirkung ergeben. Eine Pflicht zur Anzeigenerstattung der Bezirksverbände gegen den störenden Kleingärtner bei den Ermittlungsbehörden besteht jedoch nicht.
VIII. Vertragliche Regelungen für Drohnenüberflüge in neuen Unterpachtverträgen
Für den Abschluss neuer Unterpachtverträge kann zwar vor dem Hintergrund des Vorstehenden empfohlen werden, eine ausdrückliche Regelung in den Unterpachtvertrag zum Betrieb von Drohnen auf Kleingartenparzellen aufzunehmen. In dieser Regelung könnte dann ein grundsätzliches Verbot des Drohnenbetriebs auf Kleingartenanlagen oder der konkret erlaubte Drohnenbetrieb geregelt werden. Geklärt werden müsste aber im Einzelfall, inwieweit es dem Bezirksverband als Vertragspartner gestattet ist, gesetzlich erlaubte Tätigkeiten vertraglich zu unterbinden. Nicht eingeschränkt werden kann leider der Drohnenbetrieb bei Personen, die nicht Vertragspartner eines Bezirksverbandes sind.
Rechtsanwalt Sascha Rinker