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Verfasst am 01.11.2021 um 13:16 Uhr

Wenn der Gartennachbar verschollen ist    

Über den richtigen Umgang mit Pächtern, die nicht auffindbar sind    

Das kommt immer wieder vor: Von einem Tag auf den anderen lassen sich Kleingartenpächter in der Anlage nicht mehr blicken, ihre Parzellen verwildern und werden unansehnlich. In einigen Fällen stecken dahinter persönliche Schicksale oder Umzüge, in anderen Fällen glauben die Pächter, wenn sie einfach abtauchen, entfallen auch die Pächterpflichten. Und einige Kleingärtner dürften sogar ganz froh sein, wenn der Nachbar nicht mehr erscheint. Ganz ohne rechtliche Folgen bleibt es trotzdem nicht.


Vertragspflichten bestehen weiter

Auch wer seinen Kleingarten nicht nutzt, muss seine Vertragspflichten erfüllen. Dazu zählen in erster Linie die Zahlung der jährlichen Pacht und Nebenkosten. Daneben ist die kleingärtnerische Nutzung der Parzelle im Sinne des Bundeskleingartengesetzes vielfach in den Verträgen festgeschrieben. Das bedeutet die „nichterwerbmäßige gärtnerische Nutzung“, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf und zur Erholung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG).


Ist der Vertrag für einen Kleingarten oder die Vereinsmitgliedschaft erstmal unterzeichnet, endet er weder durch Nichterscheinen noch dadurch, dass die Vertragspflichten unterlassen werden. Ein Kleingartenvertrag muss vom Pächter gekündigt und die Parzelle an den Zwischenpächter, in der Regel der Bezirksverband, herausgegeben werden (siehe auch Gartenfreund 11/2020). Erst dann enden die Vertragspflichten z.B. zur Zahlung der Pacht. Selbiges gilt auch für die Vereinsmitgliedschaft – auch sie endet erst durch Kündigung. Andernfalls laufen die Mitgliedsbeiträge wie auch die Verpflichtung zu weiteren Zahlungen und zur Ableistung von Arbeitsstunden weiter. 


Garten darf nicht einfach neu verpachtet werden

Liegt keine Kündigung des Pächters vor, kann der Bezirksverband den Garten nicht einfach an einen neuen Nutzer verpachten. Denn natürlich kann Nichterscheinen auch nachvollziehbare Gründe haben, z.B. weil der Pächter lange Zeit im Krankenhaus liegt. Kommt er dann gesundet und in Vorfreude auf seinen Garten zur Anlage und findet einen neuen Nutzer vor, sind Unannehmlichkeiten vorprogrammiert. Rechtlich hat der bisherige Pächter einen Anspruch auf Nutzung der Parzelle. Der neue Nutzer muss die Pachtfläche räumen, der Bezirksverband macht sich ggf. sogar schadensersatzpflichtig.


Selbst das Betreten der Pachtfläche ist für den Verpächter oder Dritte verboten, es sei denn, es besteht eine Gefahr im Verzug. Denn das alleinige Betretungsrecht für die Parzelle und das Gartenhaus steht dem Pächter zu. Alles andere stellt strafrechtlich einen Hausfriedensbruch dar; wenn das Gartenhaus oder ein Schloss aufgebrochen wird, kommt auch noch Sachbeschädigung hinzu.


Verschollene Verpächter auffinden

Die Neuverpachtung der Parzelle ist nur durch eine Räumungsklage möglich. Über eine Auskunft beim Einwohnermeldeamt kann man bei einem berechtigten Interesse die neue Anschrift des Pächters erfragen. Dann kann der Pächter angeschrieben werden und dort auch eine Klage zugestellt werden.


Ist der Pächter „unbekannt verzogen“, kann weder eine Kündigung noch eine Klage zugestellt werden. Dann muss der Verpächter zunächst Nachforschungen anstellen, um dann gegebenenfalls über eine „öffentliche Zustellung“ durch Aushang im Gericht eine Klage einzureichen.


Während dieser Zeit darf der Garten – wie ausgeführt – nicht betreten werden. Daher ist in diesen Fällen oft Eile und anwaltliche Hilfe geboten, damit der Garten nicht monatelang leer steht und noch weiter verwildert.


Sven Kohlmeier

Rechtsanwalt Sven Kohlmeier ist spezialisiert im Vereinsrecht.  www.kanzlei-kohlmeier.de


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Foto: Pixabay