Alles, was Recht ist
zurück zur Übersicht
Verfasst am 10.09.2021 um 14:00 Uhr

Wer einlädt, hat auch Pflichten    

Vereinsveranstaltungen mit und ohne Corona-Einschränkungen    

Ob Garten- oder Kinderfest, Sommer- oder Erntedankfest: Gerade in der Pandemie stehen Vereine vor der Herausforderung zu entscheiden, ob solche Veranstaltungen überhaupt zulässig sind und, wenn ja, wie Vorstände Haftungsrisiken möglichst vermeiden können.


Grundsätzlich gilt: Die aktuellen Corona-Verordnungen des Bundeslandes im Hinblick auf die Zulässigkeit von Veranstaltungen mit einer bestimmten Personenanzahl sind auf jeden Fall zu berücksichtigen. Sie ändern sich in Abhängigkeit von der Inzidenz. Die aktuellen Berliner Regelungen finden sich im Internet unter www.berlin.de/corona/massnahmen/verordnung/ .


Lässt die Corona-Verordnung keine Veranstaltungen über einer bestimmten Teilnehmerzahl zu, ist bei Verstoß mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren und einem Bußgeld zu rechnen. Das Verfahren richtet sich dabei an die Mitglieder des Vorstandes des Vereins und nicht an den Verein, da der Pflichtenverstoß von einem oder mehreren Vorstandsmitgliedern begangen wurde.

Ein weiteres Haftungsrisiko haben die Vorstandsmitglieder gegenüber dem Verein. Wer in Zeiten von Corona einen großen Kinosaal für eine Veranstaltung ohne Rücktrittsmöglichkeit oder Veranstaltungsausfallversicherung mietet, könnte vom Verein dafür wegen Verletzung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung in Anspruch genommen werden.


Veranstaltungen mit Hygienekonzept

Lässt die aktuelle Corona-Situation die Durchführung von Veranstaltungen zu, dann haben nach § 5 Abs. 1 der derzeitigen 3. Sars-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Stand: 20. Juli 2021) „die Verantwortlichen für jegliche Art von Veranstaltungen […] ein individuelles Schutz- und Hygienekonzept zu erstellen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen“.


Das Land Berlin hat zwischenzeitlich sehr kleinteilig geregelt, welche Anforderungen an den Mindestabstand, Zutrittssteuerung oder die Kontaktnachverfolgung einzuhalten sind und stellt unter www.berlin.de/corona/ media/downloads Hygienerahmenkonzepte bereit. An diesen kann man sich ebenso orientieren, um ein Hygiene-Konzept zu erstellen, wie im Internet viele Vorlagen und Checklisten (z.B. der IHKs) als Grundlage dienen können.


Sorgfaltspflichten des Vorstandes

Bei der Durchführung von Veranstaltungen hat der Vorstand – unabhängig von Corona – für die sogenannte „Verkehrssicherungspflicht“ zu sorgen. Dieses sperrige Wort sagt im Kern, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft (z.B. Errichtung und Bereitstellung einer Anlage, aber auch Durchführung einer Veranstaltung), nach § 823 BGB Vorkehrungen treffen muss, um Schädigungen Dritter möglichst zu verhindern. Verletzt ein Verein seine Verkehrssicherungspflicht und entsteht hieraus ein Schaden (z.B. für Zuschauer, aber auch Vereinsmitglieder), kann der Verein dem Geschädigten gegenüber haften. Der Verein hat nach §§ 30, 31 BGB auch für seinen Vorstand oder die Vorstandspersonen einzustehen. Daneben sieht die Rechtsprechung die Verantwortung des 1. Vorsitzenden für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht, da dies eine Maßnahme der Vereinsgeschäftsführung ist.


Bei der Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht gilt der Grundsatz: Je gefahrgeneigter die Veranstaltung ist, desto höhere Anforderungen sind an den Veranstalter zur Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht zu stellen. Aber auch wenn ein Autorennen nicht mit einem Kleingartenfest verglichen werden kann, ist auch bei letzterem sicherzustellen, dass z.B. beim Einsatz von Spielgeräten Kinder besonders geschützt werden – wegen „deren Unerfahrenheit, Unbesonnenheit und Spiellust“, so das Landgericht Itzehoe. Es wird also eine Aufsichtsperson etwa bei einer Hüpfburg ebenso geben müssen wie besonderen Schutz im Ein- und Ausstieg zum Beispiel durch Matten oder Fallschutz.


Neben der gesetzlichen Verpflichtung zu einem Hygienekonzept ergibt sich in der aktuellen Pandemielage aus der Verkehrssicherungspflicht, dass der Vereinsvorstand Vorkehrungen unternimmt, um die Übertragung von Covid zu minimieren. Dazu gehören die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln und ggf. Masken sowie die Desinfektion von Geräten oder Anlagen.


Anders als bei einem Kind, das während eines Vereinsfestes aus einem Spielgerät fällt, ist bei der Übertragung von Krankheiten der kausale Schadensnachweis deutlich schwieriger zu führen. Es dürfte nur schwer nachweisbar sein, dass sich eine Person bei einer Vereinsveranstaltung infiziert hat und nicht bereits vorher oder später an anderer Stelle. Das Haftungsrisiko bei Covid dürfte daher für die einzelnen Vorstandsmitglieder und den Verein überschaubar sein, sofern die üblichen und gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen eingehalten werden. Trotzdem gilt auch hier: Kein Risiko eingehen oder eine Veranstalterhaftpflichtversicherung abschließen, aber vorher genau das versicherte Risiko lesen.


Teilnahmerecht der Mitglieder

Neben den klassischen Mitverwaltungsrechten, etwa Teilnahme-, Rede-, Auskunfts- und Antragsrecht in der Mitgliederversammlung, haben Vereinsmitglieder auch so genannte mitgliedschaftliche Vorteilsrechte. Diese ergeben sich unmittelbar aus der Mitgliedschaft, sind aber auch oftmals in der Satzung geregelt. Hierzu zählt neben der Nutzung der Vereinseinrichtungen auch die Teilnahme an Fest- oder sonstigen Veranstaltungen des Vereins.


Das Teilnahmerecht an den Vereinsveranstaltungen ist allen Mitgliedern gleichermaßen und zu gleichen Voraussetzungen zu gewährleisten. Ein Verbot zur Teilnahme an Veranstaltungen muss sich eindeutig aus der Satzung ergeben (z.B. im Rahmen einer Disziplinarmaßnahme), andernfalls kann Mitgliedern der Zugang zur Veranstaltung nicht verweigert werden. Für Nichtmitglieder kann die Teilnahme an Vereinsveranstaltungen aber ausgeschlossen werden oder z.B. von der Zahlung eines Eintrittsgeldes abhängig gemacht werden.


Bisher in der Rechtsprechung noch nicht entschieden ist, ob bei Beschränkungen der Teilnahmezahlen durch Covid-Verordnungen einzelne Mitglieder ausgeschlossen werden können. Was zum Beispiel, wenn bei einer Veranstaltung nur 50 Teilnehmer zugelassen sind, der Verein aber 100 Mitglieder zählt? Wie kann eine gerechte und diskriminierungsfreie Verteilung der bestehenden Veranstaltungsplätze erfolgen? Der Verein wird eine sachlich angemessene Differenzierung treffen müssen, wie die zulässigen Plätze auf die Vereinsmitglieder verteilt werden.


Möglich wären hier beispielsweise die Durchführung von mehreren Veranstaltungen oder aber das Losverfahren. Eine Bevorzugung einzelner Mitglieder dürfte unzulässig sein. Zulässig wäre es aber natürlich, dass Mitglieder in Vereinsämtern, die für die Veranstaltung oder Veranstaltungsordnung erforderlich sind, an der Veranstaltung teilnehmen und die restlichen Plätze verlost werden. Gleichwohl besitzt der Vorstand das Hausrecht für das Vereinsgelände, auf dem oft die Vereinsveranstaltungen stattfinden. Dieser vertretungsberechtigte Vorstand (siehe Gartenfreund 6/2021) kann letztlich darüber befinden, wer die Veranstaltung besuchen darf.


Sven Kohlmeier, Berlin

Rechtsanwalt Sven Kohlmeier ist spezialisiert im Vereinsrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und zertifizierter Mediator. 



Dieser Beitrag ist in der Septemberausgabe 2021 der Verbandszeitschrift 'Berliner Gartenfreund', Seite 9/22 bis 9/23 erschienen.