Grüne soziale Stadt
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Kleingärten in der wachsenden Stadt der Vielfalt   

Katrin Lompscher, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, lädt in einem Gastbeitrag für die Verbandszeitschrift "Berliner Gartenfreund" alle Berliner Gartenfreunde ein, sich an der Überarbeitung des Kleingartenentwicklungsplans zu beteiligen.   


Foto: DiG | Trialon, Thomas Kläber

Als ich an einem heißen Sommertag letzten Jahres zugesagt habe, diesen Gastbeitrag zu schreiben, rechnete ich keine Sekunde damit, es nunmehr in dieser Funktion zu tun. Als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen bleibe ich dem Stadtgrün eng verbunden und weiß um dessen Wert für Berlin.


Berlin ist eine grüne Metropole. Vielen Menschen bieten über 70.000 Kleingärten ein Stück Natur mitten in der Stadt. Nachfrage und Interesse sind mittlerweile deutlich größer als das Angebot, die Wartelisten sind lang. Zur Erinnerung: Im Beschluss des Abgeordnetenhauses über die Berliner Lokale Agenda 21 von 2006  heißt es, dass Kleingärten mit ihrer klimatisch ausgleichenden Funktion als Lebensräume für Flora und Fauna, als Naturerfahrungsraum für Kinder und als Erholungsort zu schützen, zu erhalten und zu pflegen sind. Die Wartezeit auf einen Kleingarten soll(te) höchstens ein Jahr betragen.


Die Zeiten haben sich geändert, Berlin wächst rasant. Heute ist der Druck auf die Kleingärten enorm. An einigen Orten, insbesondere auf privaten Flächen, musste liebevoll gepflegtes Grün bereits weichen. Eine wichtige Aufgabe der Zukunft ist es deshalb, das Wachstum der Stadt mit ökologischen und sozialen Anforderungen in Einklang zu bringen. Wohnungen und andere Neubauten dürfen nicht um jeden Preis auf beliebigen Flächen entstehen. Vorrang muss das Bauen auf bereits versiegelten Flächen haben. Wo dennoch, nach sorgfältiger Abwägung, Kleingärten betroffen sind, müssen Ersatzangebote entstehen. Die Landespolitik steht dabei in besonderer Verantwortung, weil sich drei Viertel der Kleingärten auf landeseigenen Flächen befinden.


Foto: Wolfgang Hemmann

Auch die Kleingartenvereine tragen Verantwortung und denken um. Kleingartenanlagen öffnen sich zur Stadt in einem doppelten Sinne. Zum einen sind die Anlagen öffentliche Erholungsorte für jede und jeden, zum anderen zeigt das sich verändernde Leben im Grünen die Vielfalt der Stadtgesellschaft unabhängig von Herkunft, Alter und sozialem Stand. Damit widerlegen die Kleingärtnerinnen und -gärtner im Übrigen auch das Vorurteil gelebten Spießertums.


Mit dem Anbau von Naturprodukten sind Kleingärten auch Lernorte für eine gesunde, nachhaltige Versorgung. Kleingärten, Gemeinschaftsgärten, Schulgärten und die vielen neuen Formen des Urban Gardening machen landwirtschaftliche Produktion in der Stadt erlebbar. Das Gärtnern liefert damit auch einen Beitrag zu regionalen Wirtschaftskreisläufen und für mehr Wertschätzung frischer Produkte.


Das zieht sich durch die Geschichte des Kleingartenwesens. Die Schrebergartenbewegung und andere Formen des Gärtnerns auf günstigen Pachtflächen sicherten früher die Versorgung ganzer Familien. Die Laube war Rückzugsort aus überfüllten Mietskasernen. Heute bietet das Gärtnern Erholung vom Großstadtleben, ermöglicht Kindern gesundes Aufwachsen und abenteuerliches Spielen, ist Treffpunkt von Familien und Freundeskreisen und fördert den sozialen Zusammenhalt. Neue Bautypen in zeitgenössischen, schlichten Formen zeigen, dass sich das Kleingartenwesen allmählich, aber sicher vom verstaubten Bild löst und sich ein verändertes Verständnis vom urbanen Gärtnern entwickelt.


Die Berliner Kleingärten brauchen auch künftig die Unterstützung der Politik. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass das wachsende Berlin in den nächsten Jahren nicht weniger Kleingartenflächen aufweisen wird. Hierfür will die Koalition aus SPD, LINKE und Bündnis 90/Die Grünen einen Stadtentwicklungsplan Grün aufstellen, der auch Kleingärten und Urbanes Gärtnern umfasst. Der zu überarbeitende Kleingartenentwicklungsplan soll für das Gärtnern in der Stadt mehr Planungssicherheit schaffen. Ich lade Sie schon jetzt zum Mitreden ein. In diesem Sinn wünsche ich ein erfolgreiches Gartenjahr.



Katrin Lompscher

Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, für den Berliner Gartenfreund, Ausgabe 2-2017